Warstein. Die Stechpalme im Jahr 2020, die Robinie 2021 – beide Bäume des Jahres - konnten die „Wöske Schnaodloipers“ bedingt durch die Corona-Pandemie nicht selbst ihrer Allee der Bäume des Jahres hinzufügen. Jetzt aber waren sie wieder persönlich vor Ort, um die Rotbuche als Baum des Jahres 2022 zu würdigen. Sie ist damit der neueste Neuzugang an der Allee im Bereich des Kapellenplatzes, gelegen zwischen Ring- und Plackweg.
„Zwei Jahre haben wir aussetzen müssen, heute erfolgt der zweite Schritt zurück zur Normalität“, freute sich Frank Niggemann, Vorsitzender des Heimatvereins „Wöske Schnaodloipers“, am Tag des Baumes über das Pflanzen der Rotbuche. Den ersten Schritt hatten Vorstand und weitere Mitglieder bereits zwei Wochen zuvor getan: Über 500 Hickorys, eine amerikanische Walnussbaumart, hatten sie bei der Waldkapelle gepflanzt.
Raritäten wie Wildbirne und Speierling, aber auch Gewächse, die hierzulande als Allerweltsbäume gelten, etwa Fichte, Eiche und Buche haben die Schnaodloipers Jahr um Jahr ihrer Allee hinzugefügt. Nicht alle, vor allem in etwas wärmeren Regionen heimische, Arten haben dauerhaft das raue Klima unterhalb des Stimm Stamms vertragen. Gekürt wird der Jahresbaum jeweils von einer Stiftung. Bereits 1990 fand sie die Rotbuche dieser Ehre wert.
„Es zeugt von einer gewissen Brisanz, dass das jetzt wieder der Fall ist“, berichtet Henning Dictus, Stadtförster und Vorstandsmitglied des Heimatvereins mit Blick auf „die wichtigste Laubbaumart Deutschlands“. So seien große Mengen Buche eingeschlagen worden, „weil sie trocken zu fallen drohen“. Heißt: Es war und ist zu trocken im Wald. Davon konnten sich auch die Vorstandsmitglieder der „Wöske Schnaodloipers“ überzeugen: Obwohl es am Tag des Baumes ein wenig geregnet hatte, war der Boden nicht nur am Kapellenplatz staubtrocken.
„Die Buche hat einen hohen Brennwert“, berichtete Dictus, was auch jeder Ofenbesitzer zu schätzen weiß. Deshalb wurde sie früher auch an zahlreichen Meilerplätzen im Stadtwald zu Holzkohle verarbeitet. Ortsvorsteher Dietmar Lange, der bei der Pflanzaktion dabei war, erinnerte in diesem Zusammenhang an den noch heute so benannten Kohlmarkt unweit der Alten Kirche, der einst ein wichtiger Handelsplatz für das Köhlererzeugnis war, das mit Beginn der Eisenverhüttung 1377 bis ins Siegerland verschickt worden sei.
Für Förster Henning Dictus ist die (Rot)-Buche die „Mutter des Waldes“. Sie könne Schatten vertragen, biete aber auch anderen jungen Bäumen Schutz. Neben ihrer Bedeutung als Brennholz sei sie in der Möbelherstellung wegen ihres hellen Tons und ihrer Biegsamkeit sehr gefragt, vor allem auch in China. Weil die Fichte durch Sturmschäden und Borkenkäferbefall zunehmend fehle, nehme die Buche eine Ersatzfunktion bei Leimbinderkonstruktionen ein, die unter anderem beim Hallenbau zum Einsatz kommen.
Und doch ist die Bedeutung der Buche für die Forstwirtschaft offen. Bei der Wiederbegrünung der Kahlflächen wird sie laut Dictus „nur mit angezogener Handbremse und in Mischkulturen“ zum Einsatz kommen. Denn das ist die Crux: „Niemand weiß so richtig, wie mit der Buche umzugehen ist, weil ungewiss ist, wie sie auf den Klimawandel reagiert.“
Im Rahmen des Treffens am Kapellenplatz überlegten Vorstand, Ortsheimatpfleger Bernd Schauten und Ortsvorsteher Dietmar Lange, ob es sinnvoll sei, den Standort der ursprünglichen Waldkapelle wieder sichtbarer zu machen. Diese war unweit der von der heutigen, von den „Wöske Schnaodloipers“ 2004 erbauten, Kapelle im 18. Jahrhundert unter Kurfürst Clemens August errichtet worden. Der Jahrgang 1900 hatte ihr einst einen Gedenkstein gewidmet. Rundherum könnte, so die Idee, eine kleine Mauer die Umrisse dieser Jagdkapelle wieder augenfällig werden lassen.